Viele, viele Gatoren

Dienstag, 09.07.2019

Für den Tag war am Vormittag die Fahrt durch den Big Cypress National Preserve von West nach Ost geplant und am späten Nachmittag eine Airbootfahrt. Doch meldete sich der Bootsveranstalter am Vorabend und teilte mit, dass für den Nachmittag Thunderstorms angekündigt seien und die Tour vielleicht ausfallen könne, weswegen er stattdessen eine Tour um 11 Uhr anbiete, weil zu der Zeit das Wetter voraussichtlich die Fahrt zulasse. Da blieb der sympathischen Reisegruppe nichts anderes übrig, als relativ früh abzufahren, auf die Fahrt durch den Park zu verzichten, und auch noch die mautbeschwerte Strecke zu nehmen, um rechtzeitig einzutreffen, was auch gelang. Als man am vereinbarten Treffpunkt, einer Tankstelle, wenige Minuten nach 11 Uhr nervös zu werden begann, tauchte ein Mitarbeiter des Anbieters auf. Er fuhr mit seinem Fahrzeug erst einer anderen Familie und nach seiner Rückkehr der Reisegruppe zur Anlegestelle voraus. Mit Captain Robby und noch einem Vater mit zwei Söhnen, alles Franzosen, begann die 90-minütige Airbootfahrt. 

Wie jeder weiß, bedeutet Everglades "Grasfluss". Es handelt sich nicht um einen Sumpf, sondern um ein durchflossenes Gelände von 60 km Breite und geringer Tiefe, eigentlich eine überschwemmte Prärie, die wenige Monate im Jahr trocken liegt. Das Airboot flitzte durch das Gräsermeer, der Fahrtwind umwehte die Ohren. Und Robby wusste, wo seine Lieblinge zu finden sind. "Pretty Boy" und Robby kennen sich sehr gut, auch wenn keine Fütterung erfolgt. Der ausgewachsene Alligator lebt in einer über 3 m tiefen Kuhle, die bereits von seinen Vorgängern gegraben und von ihm vertieft wurde. In alle Richtungen führen Tunnel aus der Vertiefung als Fluchtmöglichkeit hinaus. Wenn die Everglades trockenfallen, bleibt Wasser in der Kuhle als Lebensraum für Pretty Boy stehen, und darin genügend Fische, um über die Trockenzeit zu kommen. Sein Name stammt daher, dass er 15 bis 20 Weibchen im Umkreis beglückt.

An einer anderen Stelle wurde ein Alligatorenweibchen angetroffen, das die ihr verbliebenenen zwei Jungen bewachte, ein etwa dreijähriges und ein einjähriges Junges. Alle anderen Nachkommen aus den Gelegen mit 15 bis 20 Eiern haben nicht überlebt, aus dem diesjährigen Gelege nicht ein einziges Tier.

Die Fahrt mit dem ganz flachen Boot bereitete großen Spaß. Dass die Reisegruppe das noch erleben durfte.

Anschliessend ging die Fahrt in den Big Cypress National Preserve. Die Sumpfzypressen wurden nahezu vollständig von der Holzindustrie geschlagen, bis das Gebiet 1974 unter Schutz gestellt wurde. Die Reisegruppe fuhr den Loop Road Scenic Drive, 24 Meilen lang und überwiegend unbefestigt und schlaglochbehaftet. An mehreren Stellen, besonders an Brücken, wurden Alligatoren gesichtet. Es ist schon ein besonderes Gefühl, ganz alleine und mit vielleicht nur einen Meter Abstand zum Wasserspiegel auf eine solche Panzerechse hinabzuschauen. Inzwischen ist man ja Experte genug und weiß, dass Krokodile Jäger sind, Alligatoren aber eher faul die Beute auf sich zukommen lassen. Nur muss man die beiden Gattungen auseinander halten können, denn indigene Krokodile gibt es auch. An einer Wasserstelle wurden sogar acht Gatoren ausgemacht. Auch wurden eine große Wasserschildkröte gesichtet und eine lange, dünne Schlange, die die Straße querte und im Dickicht verschwand; leider waren beide photoscheu. Hingegen wartete ein junger Alligator beim Kreuzen der Fahrbahn solange, bis er abgelichtet war. Auf dem Loop waren nur wenige Fahrzeuge unterwegs, und bei drei Fahrzeugbesatzungen, mit denen sich ein Kontakt ergab, handelte es sich um Deutsche.

Im Tagesverlauf riss die Bewölkung immer mehr auf und am Nachmittag herrschten 92 ºF. Keine Spur von einem Thunderstorm! Da entsteht leicht der Verdacht, dass es dem Airbootbetreiber darum gegangen sein könnte, zwei Bootstouren zu einer zusammenzulegen, um eine Fahrt zu sparen.

Am heutigen Tag wurden über 3.000 Meilen auf dieser Reise zurückgelegt. In einer schönen Suite wird zweimal in Homestead FL übernachtet. Zweiter Waschtag der Reise in der Guest Laundry des Hotels; jetzt sollte die Kleidung bis zum Rückflug reichen.